Home
DDR-Geschichte
Transformation Brandenburg
Stasi und Westberlin
 

Schabowski und die Maueröffnung

Christian Booß/Helmut Müller-Enbergs https://twitter.com/CBooss 0171-5311140 C.booss@web.de Meldung zum Buch: Die indiskrete Gesellschaft. Studien zum Denunziationskomplex und zu inoffiziellen Mitarbeitern. September 2014 Stasi konnte auf deutlich mehr Informanten zurückgreifen als auf die IM. Blick über Jahre hinweg auf IM verengt Es gab zahlreiche Informanten jenseits der IM: Auskunftspersonen berichteten über Nachbarn im Wohnumfeld, „offizielle“ Partner in Betrieben, staatlichen und politischen Institutionen. Millionen von Personendossiers sind beim MfS mit Hilfe solcher Informanten entstanden, die zumeist keine IM waren. Diese Dossiers enthalten teils sehr private, intime Informationen aus dem Wohnumfeld oder Arbeitsbereich der Ausgeforschten. Angaben zur Moral, dem Kon-sumverhalten, der Beteiligung an politisch-gesellschaftlichen Aktivitäten (etwa Fahne heraus-hängen) und Westkontakte gehörten zu den Kriterien, die vom MfS regelmäßig abgefragt wurden. Insofern war die DDR eine erstaunlich „indiskrete Gesellschaft“. (Titel) Auskunftspersonen (AKP) Die Auswertung einer Kartei von Auskunftspersonen in Rostock zeigt, dass rund 18 Prozent der Bevölkerung überwiegend auskunftswillig waren. Für den Kreis Saalfeld liegt erstmalig eine Detailanalyse vor. Sie besagt, dass 5,7 Prozent aller Einwohner vom MfS als Auskunfts-personen erfasst waren. In dem Grenzkreis sind es meist Offiziere, Polizisten, Freiwillige Po-lizeihelfer , Mitglieder der SED, Hausbuchführer, Hausgemeinschaftsfunktionäre (HGL), zum Teil auch hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiter des MfS, Angehörige der Nationalen Volksarmee oder des Zoll, die als Informanten angesteuert wurden. Gute Menschen Ein Kuriosum ist eine Gruppe von Informanten, mit denen die Bezirksverwaltung in Karl-Marx-Stadt zusammengearbeitet hat. Sie nannte sie schlicht „Gute Menschen“. Offizielle Partner und Nomenklaturkader Ansprechpartner in Betrieben, staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen waren vor allem SED-Nomenklaturkader, also das Rückgrad der SED, die Machtelite der DDR. Nomenklaturkader lieferten nicht nur Informationen, denn anders als IM hatten sie auch die Entscheidungsgewalt über Menschen, wenn das MfS ihnen Informationen zulieferte. Diese Gruppe der wirklich Entscheidenden in der SED-Dikatur ist über den IM bisher vernachlässigt worden. Für eine stärkere Differenzieung Die Autoren Helmut Müller-Enbergs und Christian Booß warnen davor, derartige Informan-ten, wie in der Vergangenheit oft geschehen, pauschal als Denunzianten abzuqualifizieren. Denn der klassische Denunziant wendet sich von sich aus an die Obrigkeit, um Dritte anzu-schwärzen. IM wurden dagegen grundsätzlich vom MfS angesprochen. Die AKP wurden so-gar unter Legende kontaktiert. Offizielle Partner des MfS waren teilweise per Gesetz zur Zu-sammenarbeit verpflichtet. Andererseits ließen zahlreiche IM, AKP und Vorgesetzte und Kollegen im Betrieb jegliche ethische Barrieren fallen und berichteten ohne Not, freiwillig indiskret über Mitbürger, dass man in diesem Fall von Denunziation sprechen sollte. Selbst IM hatten ausreichend Freiheits-spielräume. Es geht also um Differenzierung statt Pauschalisierung. Christian Booß, Helmut Müller-Enbergs: Die indiskrete Gesellschaft. Studien zum Denunzia-tionskomplex und zu inoffiziellen Mitarbeitern. Frankfurt (Main): Verlag Polizeiwissenschaft 2014, 268 S., ISBN 978-3-86676-384-5, 29,80 €.

Deine E-Mail-Adresse:
Dein Name:
Betreff:
Deine Nachricht:
 

Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden