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Stasi und Westberlin
 

Genossenschaft veruntreut

Autor: Christian Booß

ORB Klartext 2000

 

 

BHG veruntreut? Ermittlungsstand zu einer Handelsgenossenschaft

 

J. M., ein ehemaliger Genossenschaftsboß, flüchtet vor den Fragen von Klartext. Die Scheu vor der Öffentlichkeit nimmt nicht Wunder. Vor einigen Wochen wurde sein alter Betrieb durchsucht: Das Handelscentrum in Strausberg, eines der größten Einkaufscentren östlich von Berlin.

Ähnlich wie schon vor 5 Jahren wurden Akten beschlagnahmt. Durchsuchung zur Aktensicherung auch bei der Grundkreditbank in Berlin und in einem Anwaltsbüro.

 

O-Ton Sigrid Komor, Staatsanwaltschaft

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Untreue werfen auch Bauern in der Umgebung von Strausberg Möller vor. Nach dem Krieg hatten sie eine Warengenossenschaft gegründet, um billiger einkaufen zu können. Eine bäuerliche Handelsgenossenschaft, kurz BHG.

 

O-Ton Werner Ramlow, Bauer

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Dieser Verdacht richtet sich gegen den alten BHG Chef, Joachim Möller. Schon zu DDR Zeiten wegen Wirtschaftskriminalität verurteilt. Nach der Wende gründete er mit Getreuen, SED -Stasileuten und Westberatern eine neue Genossenschaft, das Handelscentrum. Er wirtschaftete aber mit den Waren und Immobilien der Bauern weiter. Die Spuren der BHG-Gebäude sind noch heute sichtbar. Möller behauptete damals, die Bauern nicht zu kennen.

 

O-Ton Joachim Möller, 1995

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Eine dreiste Behauptung. Klartext fand schon 1995 die Kartei mit den BHG-Genossenschaftsmitgliedern. Es waren hunderte. Die Kartei stand zu DDR-Zeiten auf dem Gelände des heutigen Handelscentrums.

Viele Bauern haben bis heute die Nachweise für ihre BHG-Zugehörigkeit aufgehoben. Werner Ramlow war einer der ersten BHG-Genossen.

 

O-Ton Werner Ramlow, Bauer

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Ein klarer Fall für den Staatsanwalt, sollte man meinen. In der Tat waren die Frankfurter Ermittler im Fall Strausberg 4 Jahre lang tätig. Doch sie übersahen viele Fakten.

 

Ein Gericht lehnte die Anklage ab. Für Möller und Co so gut wie ein Freispruch. Dabei waren seine Tricks offenkundig.

 

Trick 1: Möller und das Handelscentrum verpachteten und verkauften einfach die Außenstellen der alten Bauern BHG.  Das brachte mehrere Millionen an Einnahmen. Allein eine Million soll für diesen Reifendienst geflossen sein.

 

Möller konnte so mit dem Vermögen der Bauern wirtschaften, weil auch andere staatliche Institutionen bei der Kontrolle versagten.

 

Trick Nummer 2: Möller und Co ließen sich durch das Genossenschaftsregister bestätigen, dass sie die Nachfolger der Bauern-BHG sind. Dass die Bauern, dazu nie gefragt worden waren, übersah das Register.

 

Erst 1995 -aufgeschreckt durch Medienmeldungen- trafen sich die Bauern zu einer Versammlung, so wie es das Genossenschaftsrecht vorsieht. Ein Vertreter sollte Widerspruch gegen Möllers Annexion ihres Vermögens einlegen. Doch das Genossenschaftsregister forderte die Bauern auf, den Antrag zurückzuziehen.

 

O-Ton Falko Rose, Vertreter der Bauern

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Staatsanwaltschaft und Genossenschaftsregister waren nicht die einzigen, die J.M. gewähren ließen. Auch die Kommune Strausberg spielte ihm dabei in die Hände.

 

Trick Nummer 3:Der Lindenplatz eine gute Adresse. Wo heute die Strausberger essen, hatte zu DDR Zeiten die BHG eine Fleischerei gebaut. Wert des Gebäudes: 1,3 Millionen DM.

 

M. kaufte das Grundstück von der Stadt für 100.000 DM. Angeblich um zu investieren. Doch stattdessen verkaufte er  Grundstück nebst BHG-Gebäude einfach weiter: Für 1,4 Millionen DM.

 

Ein satter Gewinn zu Lasten der Bauern. Stadt und Landratsamt ließen das durchgehen. Das sei sogar mehr als Verwaltungsschlamperei, meint ein Anwalt, der sich lange mit Strausberg beschäftigt hat.

 

O-Ton Christoph Partsch, Rechtsanwalt

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Die Bauern wie Werner Ramlow hatten eigentlich gehofft, dass die Behörden ihnen helfen. Heute sind sie bitter enttäuscht.

 

O-Ton Werner Ramlow, Bauer

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Wenig Hoffnung setzen die Bauern darauf, dass die  Staatsanwaltschaft die Akte Möller nach zahlreichen Beschwerden noch einmal aufrollen will. Die Skepsis ist berechtigt.

 

Der Fall BHG/Handelscentrum Strausberg ist nur ein krasses Beispiel, wie Altgenossen benachteiligt wurden. Doch er offenbart ein Strickmuster.

 

Es gibt Hinweise, dass sich in der Wende auf Versammlungen -ähnlich wie dieser-Genossenschaftsfunktionäre entsprechend besprachen. Ehemalige BHGn, das sind Banken und Betriebe, die heute an ihrer Stelle wirtschaften, müssen sich fragen, ob sie 1990 die BHG-Altgenossen ausreichend zu ihrem Recht kommen ließen. Manchmal wurde nachgebessert, manchmal nicht. Doch selbst wenn wie im Fall Strausberg andernorts ermittelt würde, käme man strafrechtlich 10 Jahre nach der Wende heute wohl zu spät.

 

O-Ton Christoph Partsch, Rechtsanwalt

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Eine unbefriedigende Situation für Bauern, die gehofft hatten, mit der Wende in ihre Rechte eingesetzt zu werden. Dass ihnen, wie im Fall Strausberg eine ganze Genossenschaft abhandenkommt, und der Staat 10 Jahre lang tatenlos zusieht, das hätte sich Bauer Ramlow nicht vorstellen können.

 

 

 

 

 

 


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